Anna Göbel & Amadeus Pawlica: E. Ysaÿe – Obsession: Prelude
@ the tenniscourt
„Ich bin am glücklichsten, wenn ich Geige spiele. Dann liebe ich die ganze Welt. Ich lasse meine Gefühle und mein Herz sprechen.“ – Eugène Ysaÿe
Seine Gefühle und sein Herz scheint der Geigenvirtuose und Komponist Eugène Ysaÿe nicht nur beim Spielen der Geige sprechen zu lassen, sondern auch beim Komponieren für diese. Essentiell für seine eigene Klangsprache sind dabei gegensätzliche Klangwelten, kompositorische Techniken wie Chromatik, Parallelismus und Tonartwechsel, oder aber auch anspruchsvolle Spieltechniken. In dem ersten Satz seiner zweiten Sonate ist aber auch noch etwas (oder jemand anderes) essentiell: Johann Sebastian Bach. So besessen, wie der Interpret seine Gedanken und Gefühle durch eine „anhaltende Idee“ beherrschen lassen sollte, so besessen war Ysaÿe von der dritten Violinpartita in E-Dur von Bach. So besteht der Satz beispielsweise ähnlich wie bei Bach fast durchgängig aus Sechzehntel-Noten; dennoch gibt Ysaÿe dem Ganzen seinen eigenen Stil, in dem er zum Beispiel chromatische Tonalität verwendet – ein Indiz, dass es sich eben doch um Musik des frühen 20. Jahrhundert handelt. Diese Kombination aus Barock und Modern ist eine mögliche Erklärung für den „bipolaren“ Eindruck des Stücks vom Tänzer Amadeus Pawlica. Bipolar in jeglicher Hinsicht, wird das Stück in diesem Fall von Tänzer und Geigerin interpretiert – jeder für sich und dennoch gemeinsam.